So wird Schwindel diagnostiziert und klassifiziert

OhrenuntersuchungDer Schwindel ist eine rein symptomatische Diagnose. Wenn Betroffene also zum Arzt gehen, wird dieser eine genaue Patientenanamnese durchführen und gegebenenfalls Eckdaten des Schwindels abfragen, dazu gehören die Häufigkeit, die Dauer, eventuelle Begleitsymptome und Grunderkrankungen. Im Folgenden geht es darum, herauszufinden, welche Art von Schwindel vorliegt und worauf der Schwindel basiert. Hierzu kommen verschiedene diagnostische Mittel zum Einsatz, die wichtigsten stellen wir Ihnen hier vor.

Gleichgewichtsprüfung – Vestibularistest

Die Gleichgewichtsprüfung, auch Vestibularistest genannt, ist eine Standard-Diagnostik zur Abklärung des Schwindels. Die Gleichgewichtsprüfung gibt Hinweise darauf, ob der Schwindel zentral-, peripher- oder nicht-vestibulär ist. Zur Durchführung der Prüfung ist ein wenig Zeit erforderlich, denn die Prüfung umfasst mehrere Einheiten, die da wären:

  • Zeigeversuche, bei denen der Patient beispielsweise mit geschlossenen Augen einen Zeigefinger zur Nase führen muss.
  • Rombergversuch, bei dem der Patient erst mit beiden, dann mit einem Bein mit geschlossenen Augen stehen muss.
  • Tretversuch, bei dem der Betroffene ebenfalls mit geschlossenen Augen auf einer Stelle laufen muss.
  • Prüfung der Gangabweichung, bei der der Patient mit geschlossenen Augen auf einer geraden Linie laufen muss.

Mitunter wird die Gleichgewichtsprüfung noch erweitert, indem über eine spezielle Brille, die sogenannte Frenzelbrille, die Augenbewegungen gemessen werden. Dieser Test gibt Hinweise auf einen Nystagmus.

Hörtest – Audiometrie

Die Audiometrie ist ein Hörtest, der ebenfalls die Mitarbeit des Patienten erfordert. Über einen Kopfhörer bekommt der Betroffene Töne unterschiedlichster Höhen, Tiefen und Lautstärken eingespielt. Sobald ein Ton erklingt, muss der Patient einen Knopf drücken. Die Audiometrie gibt dabei nicht nur Hinweise auf eine vorliegende Hörschädigung, sondern über das Innenohr und somit das Gleichgewichtsorgan im Allgemeinen.

Videooculographie

Die Videooculographie misst die Augenbewegungen. Hierzu bekommt der Patient eine Messbrille aufgesetzt, an deren beiden Seiten sensible Kameras angebracht sind. Diese Kameras zeichnen die Augenbewegungen auf, die anschließend über einen PC ausgewertet werden. Die Messbrille ist in der Lage, den Pupillen genau zu folgen, selbst bei vorliegendem Nystagmus. Die Auswertung gibt schließlich Aufschluss über die Stärke des Augenflatterns und die Lokalisation des Schwindels.

Elektronystagmographie

Die Elektronystagmographie ist ein junges und modernes Verfahren zur kombinierten Messung der Augenbewegungen, zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit der Augenmuskulatur und zur Reaktionsprüfung des Gleichgewichtssystems bei Lageveränderungen. Hierzu werden dem Patienten kleine Elektroden rund um die Augen geklebt, die selbst feinste Augenbewegungen erfassen und messen können. Diese Messung findet einmal bei körperlicher Ruhe statt und einmal unter Dynamik. Hierzu setzt sich der Patient auf einen Drehstuhl, der vom Arzt mehrere Runden gedreht wird, um ein Schwindelgefühl auszulösen. Mithilfe der Elektronystagmographie können zentral- und peripher-vestibuläre Funktionen überprüft werden.

Untersuchungsmethoden bei Verdacht auf nicht-vestibulären Schwindel

Stellt sich nach der Diagnostik oder bereits im Vorfeld heraus, dass der vorliegende Schwindel höchstwahrscheinlich auf nicht-vestibulären Ursachen beruht, dass also eine Grunderkrankung ausschlaggebend ist, kommen darüber hinaus weitere diagnostische Mittel zum Einsatz.

In erster Linie werden Lagerungsproben durchgeführt. Hierzu wird der Patient gebeten, seinen Kopf in vorgegebene Richtungen zu neigen, seine Augen zu drehen, sich ruckartig zu legen und zu setzen und auf Zehenspitzen zu gehen. Dieser Test gibt Aufschluss über die genaue Entstehung des Schwindels. Weiterhin können bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen, die die Hirnstruktur und die Gefäße sichtbar machen. Üblicherweise werden CT, MRT oder ein EEG angefordert. Speziell ein EEG kann kleinste Hirnströme messgenau erfassen und zeigen, ob ein bestimmtes Hirnareal über- oder unteraktiv ist.

Ultraschalluntersuchung der Arterien

Die sogenannte Doppler- oder Duplex-Sonografie beschreibt ein Ultraschallverfahren, mit dessen Hilfe die arterielle und venöse Blutfließgeschwindigkeit gemessen werden kann. Basierend auf der Theorie, dass Probleme mit dem Innenohr und dem Gleichgewichtsorgan durch eine Minderdurchblutung zustande kommen, kann diese Mangeldurchblutung auf diese Weise diagnostiziert werden. Bei der Duplex-Sonografie kann der Arzt außerdem Verengungen der Arterien und Thrombosen feststellen.

Akustisch evozierte Potenziale (AEP)

EEGVermutet der Arzt als Ursache des Schwindels ein grundsätzliches Hörproblem, welches vom Hörnerv des Gehirns ausgeht, kommt die Messung der akustisch evozierten Potenziale, kurz AEP, infrage. Hierbei werden Störungen der Hirnhörbahn nachgewiesen. Zur Messung bekommt der Patient Elektroden auf den Kopf geklebt, die die Signale des Hirnhörnervs messen, während der Patient über einen Kopfhörer akustische Signale empfängt. Diese Signale sind in der Regel kurze Klicktöne, da lange und melodische Töne zu ablenkend sind. Absolute Ruhe und Entspannung sind die Voraussetzung für diese Untersuchung.

Muskelreflexe messen mit VEMP

Als vestibulär evozierte myogene Potenziale, kurz VEMP, bezeichnet man die minimalen Muskelreflexe des Vestibulärsystems beim Hören von Tönen. Der Patient bekommt Elektroden auf den großen seitlichen Halsmuskel, (Musculus sternocleidomastoideus) gesetzt. Anschließend werden ihm akustische Signale in Form von Klicktönen zugespielt, auf die der sensible Halsmuskel mit kleinsten Kontraktionen reagiert. Dieses Zucken wird gemessen und anschließend ausgewertet. Die Auswertung gibt Aufschluss über die Funktion des kleinen Seitensäckchens am Gleichgewichtsorgan.

Posturographie: bewusst Schwindelgefühle auslösen

Die Posturographie ist eine rund 20-minütige Untersuchung, bei der mitunter bewusst ein Schwindel ausgelöst wird. Zur Untersuchung stellt sich der Patient auf eine kleine erhöhte Plattform, ähnlich einer Waage. Auf dieser Plattform muss er im Wechsel mit offenen oder geschlossenen Augen stehen, mal auf einem Bein, mal auf beiden. Anschließend wird die Plattform in Bewegung versetzt und der Patient muss versuchen, sein Gleichgewicht zu halten und gerade stehen zu bleiben, ohne ein Bein von der Plattform zu stellen oder sich anderweitig festzuhalten. Eine in der Plattform integrierte Messapparatur zeichnet die Körperbewegung auf und gibt Aufschluss über das gehaltene Gleichgewicht und eventuelle Abweichungen von der Norm.

 

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