Die verschiedenen Ursachen für einen Schwindel

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Sämtliche Schwindeltypen lassen sich in vestibuläre und nicht-vestibuläre Erscheinungsformen einteilen. Nicht-vestibuläre Schwindel haben ihre Ursache in anderen Krankheiten, etwa in Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, oder aber in der Psyche. Vestibuläre Schwindel sind Schwindel, die das Gleichgewichtsorgan und das gesamte Gleichgewichtssystem, inklusive der beteiligten Hirnareale, betreffen.

Vestibuläre Schwindelarten

Der vestibuläre Schwindel kann peripher-vestibuläre Ursachen haben, also auf Störungen der Bogengänge des Innenohrs basieren, aber auch zentral-vestibulär entstehen, das heißt, im Gleichgewichtsnerv des Gehirns

Ohrkristalle sind Verursacher für den Lagerungsschwindel

Der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel, kurz BPPV, ist eine der häufigsten vestibulären Schwindelarten. Im Rahmen dieses Schwindels, der absolut ungefährlich ist, treten kurze, aber starke Schwindel- und Wankgefühle auf, wenn der Betroffene seinen Kopf neigt, die Augen bewegt oder er sich hinlegt und aufsetzt. Grund für den BPPV sind die Otolithen, Kalziumkarbonatkristalle, die sich im Otolithenorgan des Innenohrs befinden. Drehschwindel entsteht dann, wenn sich diese Otolithen lösen und durch Kopfbewegungen in die Bogengänge des Gleichgewichtsorgans gelangen. Die Sinneshärchen der Bogengänge nehmen die kleinen Otolithen als Bewegung des Körpers wahr und senden dementsprechend einen Bewegungsreiz an das Gehirn. Das Gehirn kann diesen Reiz jedoch nicht verarbeiten, da die Augen und die Muskeln keinen entsprechenden Beweisreiz für eine Bewegung senden. Infolge dessen kommt es zum Schwindel.

Neuritis vestibularis

Die Neuritis vestibularis gehört zu den direkten Erkrankungen des Gleichgewichtsorgans. Sie stellt eine Funktionsstörung der Bogengänge dar, die sowohl akut als auch chronisch verlaufen kann. Ursächlich ist zumeist eine verschleppte Entzündung des großen Gleichgewichtsnervs, wobei auch Durchblutungsstörungen des Innenohrs eine Neuritis vestibularis auslösen können. Diese Form des Schwindels ist relativ häufig und betrifft alljährlich rund 30.000 Menschen. Behandelt wird dieses Krankheitsbild mit Bettruhe, Schonung und Prednisolon. Die Genesung tritt bereits nach einigen Tagen ein.

Morbus Menière

Die Menière-Krankheit ist die zweithäufigste Ursache für vestibulären Schwindel. An dieser Innenohrerkrankung, die mit kurzen Drehschwindelanfällen, Tinnitus und Hörverlust einhergeht, leiden zwar auch Männer, vorwiegend aber Frauen ab dem 40. Lebensjahr. Morbus Menière entsteht aufgrund erhöhter Druckverhältnisse im Innenohr. Dementsprechend zielt die Behandlung darauf ab, diesen Druck zu minimieren. Das kann sowohl medikamentös, etwa mit Betahistin, oder aber operativ erfolgen.

Bilaterale Vestibulopathie – Canvas Syndrom

adolescent headacheDie bilaterale Vestibulopathie ist der häufig vorkommende Dreh- oder Schwankschwindel, der unter Bewegung und Belastung zunimmt. Der Begriff bilateral zeigt dabei an, dass das Gleichgewichtsorgan beidseitig eingeschränkt ist, zudem sind bei dieser Schwindelform die Gleichgewichtsnerven des Gehirns beeinträchtigt. Typische Beschwerden sind akuter Drehschwindel, Gleichgewichtsstörungen, ein wankender Gang und Orientierungsschwierigkeiten. Ursächlich für die bilaterale Vestibulopathie können entzündliche Vorgänge im Gehirn sein, aber auch verschiedene Antibiotika. Einige Betroffene entwickeln aus einer bilateralen Vestibulopathie das sogenannte Canvas Syndrom. Hierbei zeigen sich neben dem Schwindel zusätzlich Störungen der Motorik und Koordination sowie Empfindungsstörungen an den Füßen.

Vestibularisparoxysmie – Hundert Schwindelanfälle am Tag

Die Vestibularisparoxysmie ist ein Kompressionssyndrom. Das heißt, der große Gleichgewichtsnerv im Gehirn wird durch umliegende Strukturen eingeengt und gequetscht. Er kann eingehende Signale folglich nicht mehr richtig verarbeiten und weiterleiten. Die Vestibularisparoxysmie äußert sich durch spontane und kurze Schwindelanfälle, die bis zu 100 Mal am Tag auftreten können und in der Regel nur einige Sekunden andauern. Die Vestibularisparoxysmie kann medikamentös behandelt werden, in sehr seltenen Fällen muss der Hirnnerv jedoch auch operativ freigelegt werden.

Basilarismigräne und vestibuläre Migräne trifft junge Menschen

Sowohl bei der vestibulären als auch bei der Basilarismigräne ist Schwindel ein häufiges Symptom. Betroffen sind vor allem Kinder, Jugendliche und junge Frauen. Die Basilarismigräne entsteht durch eine Mangeldurchblutung einzelner Hirnareale, die schließlich nicht nur für die Migräneschmerzen, sondern auch für den Schwindel verantwortlich ist. Die vestibuläre Migräne entsteht auf ähnliche Weise, jedoch unter direkter Beteiligung des Gleichgewichtsorgans. Die Migräneanfälle sind von anhaltenden Drehschwindelgefühlen geprägt, die symptomatisch, gemeinsam mit den Schmerzen, mit Schmerzmitteln behandelt werden.

Transitorische ischämischen Attacke (TIA) oder Schlaganfall

Sowohl ein Schlaganfall als auch seine Vorstufe, die transitorische ischämische Attacke, kurz TIA, können ebenfalls von Schwindel begleitet sein. Während eines Schlaganfalls oder einer TIA kommt es zu Versorgungslücken im Gehirn, die Nerven stellen dementsprechend ihre Arbeit ein und leiten keine korrekten Signale mehr weiter. Infolge dessen kann der Schwindel entstehen, wenn der Gleichgewichtsnerv vom Schlaganfall oder der TIA betroffen ist.

Akustikusneurinom, ein meist gutartiger Tumor

Akustikusneurinome gehören zu den gutartigen Hirntumoren, die sich rund um den siebten Hirnnerv, also den Gleichgewichtsnerv, ansiedeln. Das Akustikusneurinom ist der häufigste Tumor des Kleinhirns, er ist in der Regel nicht bösartig, verursacht aber Beschwerden wie Schwindel und Hörausfälle. Das Akustikusneurinom kann sowohl operativ als auch durch Bestrahlung behandelt werden. In vielen Fällen besteht die Therapie jedoch auch aus reiner Beobachtung. Sofern der Tumor nicht wächst, ist in der Regel kein operativer Eingriff nötig.

Felsenbeinfraktur mit Labyrinthausfall

Das Felsenbein ist ein Teil des menschlichen Schädelknochens. Es befindet sich als umgebende und schützende Knochenstruktur rund um das Innenohr. Durch schwere Unfälle und Traumata kann das Felsenbein, so wie andere Teile des Schädelknochens auch, brechen. Bei einer Fraktur des Felsenbeins ist in der Regel auch das Innenohrlabyrinth mitsamt Gleichgewichtsorgan verletzt. Derlei Verletzungen führen in aller Regel zu Schwindel. Die Felsenbeinfraktur ist grundsätzlich lebensgefährlich, da durch den Bruch auch Blut ins Hirn laufen kann. Im Falle einer Blutung wird der Bruch operativ behandelt. Andernfalls bekommt der Patient Bettruhe und ein Antibiotikum verordnet, um eine drohende Hirnhautentzündung zu umgehen.

Perilymphfistel

Fisteln sind neu entstandene, gutartige Verbindungsgänge zwischen zwei eigentlich getrennten Organen. Die Perilymphfistel bildet einen direkten Verbindungsgang vom Innenohr zum Mittelohr. Über diesen Gang setzt die Fistel, die dort eigentlich nicht hingehört, Perilymphe ab. Das ist eine Flüssigkeit des Innenohrs, die durch den nun entstandenen Kontakt mit dem Mittelohr Schwindelgefühle auslöst. Perilymphfisteln entstehen durch Verletzungen, Operationen, Unfälle, Infektionen oder Tumoren. Sie werden entweder operativ oder konservativ behandelt. Die konservative Behandlung umfasst Bettruhe, Hochlagerung des Kopfes, die Gabe von Beruhigungs- und Schlafmitteln sowie Medikamenten, die den Stuhlgang aufweichen. Denn zur Abheilung der Perilymphfistel ist es erforderlich, dass der Betroffene nicht pressen muss.

Vestibuläre Epilepsie

Die vestibuläre Epilepsie gehört zu den Formen der epileptischen Erkrankungen. Sie geht in der Regel mit Schwindel und Nystagmus einher. Der Schwindel kündigt dabei den epileptischen Anfall oftmals an, da der eigentliche Krampfanfall erst nach dem Ausfall des Gleichgewichtsnervs im Gehirn stattfindet. Die vestibuläre Epilepsie wird, wie andere Epilepsieformen auch, mithilfe sogenannter Antiepileptika behandelt.

Reisekrankheit

Die Reisenkrankheit gehört ebenfalls zu den häufigsten Auslösern für Schwindel. Auf Reisen, beispielsweise während einer Schiffs- oder Flugreise, nimmt das menschliche Auge ein monotones Umfeld wahr. Es signalisiert dem Gehirn daraufhin einen vermeintlichen Stillstand. Auch die Muskeln signalisieren Stillstand, da sich der Mensch im Auto oder im Flugzeug selbst in der Regel nicht bewegt. Das Gleichgewichtsorgan registriert jedoch die Fortbewegung und meldet dem Gehirn diese auch. Das Gehirn gerät durch die unkoordinierten Signale durcheinander und reagiert mit Schwindel auf die falschen Reize. Die Reisekrankheit wird in der Regel mit Medikamenten gegen die aufkeimende Übelkeit behandelt. Beruhigungsmittel können außerdem helfen, den Schwindel einzugrenzen.

Nicht-vestibuläre Schwindelformen

Frau mit Halskrause
Nicht-vestibulärer Schwindel entsteht nicht aufgrund vorliegender Störungen des Gleichgewichtssystems. Seine Ursachen liegen hingegen eher auf körperlicher oder psychischer Ebene. Schwindel kann beispielsweise durch Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems entstehen, etwa durch Bluthochdruck oder auch Hypotonie. Häufiger jedoch basiert Schwindel auf psychischen Leiden, in diesem Falle ist von somatoformem Schwindel die Rede. Die Hauptform des somatoformen Schwindels ist der phobische Schwindel, der vorwiegend in Stress- und Belastungssituationen auftritt. Er ist als ein Warnsignal des Körpers zu verstehen und bessert sich bei Ruhe und Entspannung. Der phobische Schwindel, auch Angstschwindel genannt, geht oft mit Ängsten und Depressionen einher. Die Behandlung erfolgt daher über Psychotherapie und Antidepressiva.

Psychogener Schwindel

Der psychogene Schwindel gehört ebenfalls zu den nicht-vestibulären Schwindelarten. Er ist psychisch bedingt und basiert häufig auf Angstgefühlen, einer sozialen Phobie oder Panikattacken. Der psychogene Schwindel ist tückisch, da er Erwartungsängste auslöst. Das heißt, Betroffene fürchten sich vor Situationen, in denen der Schwindel vermutlich wieder auftreten könnte, und meiden diese von vornherein. Psychogener Schwindel erfordert daher eine Verhaltenstherapie.

Schwindel und Halswirbelsäule – zervikaler Schwindel

Der zervikale Schwindel ist eine weitere Schwindelform nicht-vestibulärer Ursache. Er entsteht aufgrund von Veränderungen der Halswirbelsäule, etwa durch Verletzungen, Unfälle oder Verschleiß. Zervikaler Schwindel tritt episodisch bei bestimmten Kopfbewegungen auf, wenn der veränderte Teil der Halswirbelsäule beansprucht wird. Dieses sogenannte Zervikalsyndrom wird in erster Linie physiotherapeutisch behandelt, indem die umliegende Muskulatur gestärkt und die Halswirbelsäule dementsprechend entlastet wird. In schweren Fällen kommt eine Ruhigstellung mittels Halskrause infrage. Operationen sind hingegen nicht notwendig.

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